REZENSION

von Karin Hahn

AUGUST 2007

BELLETRISTIK

Anita Shreve

Avirama Golan

Christoph Hein

Edward St. Aubyn

Felicitas Mayall

Fred Vargas

Joyce Carol Oates

Kathrin Aehnlich

Kim Edwards

Lena Gorelik

Marie Hermanson

Rachel Cusk

Richard Yates

Stewart O'Nan

GELESENE PROSA

Heinrich Steinfest

JUGENDBUCH

Sergei Lukianenko

Stephenie Meyer

KINDERBUCH

Mirielle Geus

Peter Abrahams

Belletristik

Marie Hermanson: Der Mann unter der Treppe, Suhrkamp Verlag, Taschenbuch 3875, 269 S., €8,90

In schöner Regelmäßigkeit erscheinen von der schwedischen Autorin Marie Hermanson ein psychologisch tief durchdachter wie unterhaltsamer Roman nach dem anderen. Sie ist die Expertin für Geschichten, in denen die Protagonisten nur mit einem Schritt den gewohnten Alltag verlassen und die Katastrophe beschwören. Alles funktioniert normal und alles scheint perfekt, vielleicht zu perfekt.

Frederik und Paula ziehen in ein großzügig gebautes prachtvolles Holzhaus, dass sich der Angestellte im Amt für Wirtschaftsförderung und die Künstlerin auch durch den finanziellen Zuschuss der Eltern leisten können. Ruhig liegt das Haus unweit von der Kleinstadt Kungsvik in malerischer Landschaft. Göteborg ist nur eine Autostunde entfernt und so leben Frederik und Paula mit ihren beiden Kleinkindern harmonisch und glücklich. Wären da nicht diese seltsamen Hausgeräusche – das Gurgeln der Rohrleitungen, das Rumoren unter der Treppe und das Knarren der Bodenbretter. Frederik leidet schon lang unter Schlafstörungen. Er kann nicht fassen, wie wohl situiert und sicher er nun sein Leben fristet. Mit der attraktiven Paula an seiner Seite schleichen sich immer wieder diese kleinen Unsicherheiten ein, die er längst hinter sich gelassen glaubte. Im Dämmerzustand zwischen Wachsein und Müdigkeit entdeckt Frederik einen kleinen, schmutzigen Mann in der Diele seines Hauses, der frech in undeutlicher, kindlicher Aussprache behauptet, er sei Kwadd und wohne schon immer unter der Treppe. Außerdem sei er der Untermieter. Ein seltsames Spiel beginnt, denn Frederik fühlt sich in seiner Rolle als rechtmäßiger Hausbesitzer bedroht. Er fordert eine hohe Miete von dem vermeintlichen Eindringling, versucht seine Rechte durchzusetzen und kann diesen unverschämten sich in sein friedvolles Familiendasein drängenden Zwerg nicht loswerden. Frederik verliert zunehmend den Boden unter den Füßen, sein Arbeitsplatz ist vakant, Paula entzieht sich und arbeitet intensiv im Atelier an ihrer Kunst, die Frederik unverständlich bleibt. Auch unterbindet Paula ungeduldig jede Unterhaltung über den geheimnisvollen Intriganten unter der Treppe, der kein Phantasieprodukt seines jüngsten Sohnes Fabian ist, wie die Erzieherinnen im Kindergarten glauben. Frederik verstrickt sich immer tiefer in unsinnige Auseinandersetzungen mit dem Eindringling, der seine Existenz unterhöhlt und die alltäglichen Dinge entgleiten lässt. Doch was steckt hinter der Sache? Frederik rutscht ab in dieses schwarze Loch aus Einbildung, Verblendung, Wahrheit oder gar Wahnsinn?

Geschickt konstruiert Marie Hermanson aus Frederiks Sicht eine perfekte Wirklichkeitsillusion, die jedoch im Laufe der sich zuspitzenden Ereignisse in einem Mord gipfeln wird, allerdings nicht an Kwadd. Frederik soll die Tat angeblich begangen haben. Alle Indizien sprechen gegen ihn. Marie Hermansons Figuren scheitern an den hohen Erwartungen und Hoffnungen, die sie in sich gesetzt haben oder an der eigenen Familiengeschichte, die nur kurz bei Frederik angedeutet wird. Auf jeden Fall fordert die schwedische Autorin stärkste Empathie für ihre schwer, bis zur Lebensunfähigkeit angeschlagenen Figur. Ein aufregendes Leseerlebnis, wie immer bei Marie Hermanson!

BOOK REVIEWS

Weihnachts/Christmas 2006

Winter 2006

May 2006

January 2006

Christmas 2005

August 2005

Summer 2005

Previous Reviews

VIDEO ON DEMAND
History Philosophy
Arts
Natural Science
Contemporary