REZENSION von Karin Hahn |
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AUGUST 2007
BELLETRISTIK GELESENE PROSA JUGENDBUCH KINDERBUCH |
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Belletristik Kathrin Aehnlich: Alle sterben, auch die Löffelstöre, Arche Verlag, Hamburg 2007, 256 S., 19 € Die Geschichte von Skarlet und Paul beginnt da, wo viele enden würden - mit dem Tod. Jean-Paul und Skarlet, zwei Kinder mit ziemlich untypischen Vornamen für DDR-Verhältnisse, treffen sich im Kindergarten und spüren instinktiv ihre Affinität zueinander. Mag es die Ungerechtigkeit oder Kälte von Tante Edeltraut sein, die sie aneinanderschmiedet oder ein unbeschreibliches Gefühl, dass bis zum letzten Tag lebendig bleiben soll, als wäre Paul eine Lebenshälfte von Skarlet. Paul der Hypochonder und DDR-Totalverweigerer stribt nach seinem 40. Lebensjahr. Skarlet soll die Trauerrede halten. Kathrin Aehnlich, Jahrgang 1957, versteht es, in einem unterhaltsamen, aber auch tragikomischen, lakonischen Erzählton aus den Tiefen viele der bereits vergessenen Erinnerungen ihrer Protagonistin hervorzuholen. „Hinzu kam die Sehnsucht nach dem Unbekannten: Mit Paul erlebt sie Dinge, über die kein Mensch in diesem Land sprach.“ Paul ist immer dagegen, das scheint sein Lebensprinzip zu sein. Skarlet, die aus einer kleinbürgerlichen Familie stammt, hat wenig Entscheidungsfreiheit. Sie leidet unter dem Diktat ihres Vaters, seinem krankhaften Geiz und seiner unbarmherzigen Art. In Erinnerungsfetzen entstehen Bilder vor ihrem inneren Auge, die man gelesen haben muss. Kathrin Aehnlich kann Lebenssituationen und Geschichten so emotional und bildlich beschreiben, dass sie noch lang im Gedächtnis bleiben. ( Unvergesslich die Szene, in der Skarlet zum ersten Mal von ihrem Vater für die Fahrt zum Weihnachtsmarkt einen 10 Mark Schein in die Hand gedrückt bekommt und nicht wagt, das Geld auszugeben.) Um ihrem Elternhaus zu entfliehen, heiratet Skarlet früh, bekommt eine Tochter und läßt sich nach 17 Jahren wieder scheiden. Paul lebt bei seiner alleinerziehenden Mutter. Die Sehnsucht nach dem Vater beschäftigt ihn bis zur letzten Lebensminute. Skarlet sucht Pauls Vater in Leipzig und verschweigt ihre eigenmächtige Aktion. Als Paul dann Judith kennenlernt, will er alles, was er vorher so abgelehnt hat Familie und Kinder. Sein Sohn Lucas, gerade geboren, wird seinen Vater nie kennenlernen. Kathrin Aehnlich hat alles Beschriebene in irgendeiner Weise selbst erlebt, denn sie fühlt mit ihren literarischen Figuren und entblößt sie nicht. Sie entwirft mit ironischem Blick ein gesellschaftliches Zeitbild der DDR, der Wende und Nachwendezeit und zugleich die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei unterschiedlichen Charakteren und beider Lebensweg. Sie lässt ihren Protagonisten all ihre Würde und beschreibt sie doch so genau, dass sie lebendig werden und den Leser, auch wenn ihm die DDR völlig fremd ist, von der ersten Seite an fesseln. |
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